Freelancen verändert uns. Nicht nur beruflich – sondern tief im Inneren.
Das wurde beim letzten TresenTalk besonders deutlich, als eine einfache Frage plötzlich alles öffnete: „Wie hat das Freelancen eigentlich deine Psyche verändert?“
Und so wird aus einem Donnerstagmorgen eine kleine Gruppentherapie – ehrlich, nah, ohne Show.
Warum dieses Thema?
Selbstständigkeit klingt auf Instagram oft nach Freiheit, Flexibilität und coolen Projekten. Doch wer wirklich freelanct, weiß: Es verändert den Kopf. Und zwar tief. Beim TresenTalk Ende November ging genau darum – und die Antworten hätten unterschiedlicher kaum sein können. Gleichzeitig entstand ein bemerkenswertes Muster.
1. Verhandlungskompetenz: Aus Nettigkeit wird Klarheit
Viele haben erzählt, wie sehr sich ihr Umgang mit Preisen geändert hat.
Früher: „Na gut, machen wir’s ein bisschen günstiger.“
Heute: „Das ist der Preis. Wenn’s nicht passt, such dir bitte jemand anderen.“
Dieser Shift ist psychisch riesig:
Man schützt seine Energie, verhindert toxische Projekte und baut Selbstwert auf – nicht über Arroganz, sondern über Klarheit. Und Klarheit ist ein verdammt guter Filter.
2. Learning by Doing: Selbstvertrauen entsteht beim Machen
Fast alle beschrieben diesen Moment, in dem man eine Aufgabe zugeschanzt bekommt, bei der man denkt:
„Habe ich noch nie gemacht. Aber gut – wird schon.“
Und dann? Wird es.
Weil man sich einarbeitet. Weil Teams vertrauen. Weil Praxis stärker ist als jedes Zertifikat.
Dieses stetige Über-sich-Hinauswachsen hinterlässt Spuren:
Mehr Mut. Mehr Pragmatismus. Mehr „kriege ich hin“.
3. Freiheit ist kein Buzzword – sie ist ein Körpergefühl
Der Schritt aus alten Strukturen heraus war für viele ein psychischer Befreiungsschlag:
Keine Chefs, keine politischen Spielchen, kein künstlich erzeugter Druck.
„Ich bestimme selbst“ ist kein Spruch – es ist ein Zustand.
Er gibt Sicherheit, Selbstvertrauen und manchmal auch ein bisschen Höhenrausch.
4. Arbeitsrhythmus statt Arbeitsroutinen
Freelancen zwingt uns, eigene Rhythmen zu finden – und alte Agenturmuster abzuwerfen:
• nicht 9-to-5, wenn der Kopf anders tickt
• Pausen, weil das Hirn sie braucht
• Fokus statt Dauerbeschäftigung
• Energie statt Abwesenheitszeiten
Viele sagten sehr ehrlich: „Ich übe noch. Aber ich bin auf einem guten Weg.“
Und das ist vielleicht die wichtigste Erkenntnis: Rhythmusarbeit ist keine Technik – sie ist ein Prozess.
5. Sicherheitsbedürfnis: Die wohl größte Kopfarbeit
Egal, ob 3 Monate voll, 6 Monate geplant oder 12 Monate gepuffert:
Das Gefühl von Unsicherheit bleibt tricky.
Eine wichtige Erkenntnis aus der Runde:
Sicherheit ist oft eine Illusion – auch im Angestelltenverhältnis.
Kündigungen, neue Chefs, Branchenwechsel – nichts davon ist planbar.
Freelancer*innen bauen Sicherheit stattdessen aus etwas anderem:
• ihren Fähigkeiten
• ihrer Anpassungsfähigkeit
• ihrer Erfahrung
• ihrer Selbstwirksamkeit
Das macht unabhängiger – auch wenn die finanzielle Komponente bleibt.
6. Pausenkompetenz: Der unterschätzte Skill
Viele struggleten damit, Pausen wirklich zuzulassen.
Weil man ja könnte arbeiten.
Weil alles „an mir hängt“.
Weil Leerlauf sich unproduktiv anfühlt.
Aber der Perspektivwechsel ist entscheidend:
Pausen sind keine Belohnung – sie sind Voraussetzung dafür, gut zu sein.
Das ist Selbstfürsorge. Nicht Luxus.
7. Wellenbewegungen sind normal – kein Warnsignal
Selbstbewusstsein verläuft im Freelancen selten linear.
Projekt fertig? Großartig.
Drei Wochen später ohne neues Projekt? Plötzlich Zweifel.
Aber genau diese Wellen sind kein Zeichen von Schwäche.
Sie sind Teil eines Systems, das auf Selbststeuerung basiert.
Die Kraft der Community
An keinem Punkt wurde so viel genickt wie beim Thema Austausch.
Viele sagten offen:
„Ohne die Runde hier wäre das schwerer.“
Und das ist der Kern des Collab Cafés:
Freelancen muss kein Solo-Abenteuer sein.
Man wächst gemeinsam – am Tresen, im Gespräch, in der Realität.
Und du?
Beim nächsten TresenTalk könntest du schon dabei sein – mit deinen Fragen, Erfahrungen oder einfach zum Zuhören. Denn im Collab Café wächst Wissen nicht im stillen Kämmerlein, sondern am Tresen – gemeinsam, ehrlich und mit viel Neugier.